LDK-Beschluss

Wir bewegen ganz Bayern – Mehr öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz 2017 in Deggendorf

Garantiert mobil – egal wo in Bayern du lebst

Mobilität ist eine wesentliche Grundlage für die Teilhabe am öffentlichen Leben. Doch gerade im ländlichen Raum besteht der ÖPNV weitestgehend aus Schülerverkehren und stellt für die Menschen keine wirkliche Mobilitätsalternative zum Pkw dar. Doch bei weitem nicht alle Menschen haben jederzeit ein eigenes Auto zur Verfügung. Bayernweit kommen auf 1000 Einwohner*innen im Schnitt weniger als 600 PKW. Die PKW Verfügbarkeit ist sozial sehr unterschiedlich verteilt. Daten aus Niederösterreich zeigen, dass vor allem Arbeitslose und im Haushalt Tätige (zu 49 bzw. 44 Prozent) nicht jederzeit über einen Pkw verfügen können. So besitzen dort 40 Prozent der Haushalte im unteren Einkommensviertel keinen Pkw, bei den Haushalten im obersten Einkommensviertel sind es nur 11 Prozent. Eine deutliche Verbesserung des ÖPNV Angebotes im ländlichen Raum ist nicht nur aus Klimaschutzaspekten dringend geboten. Es ist vor allem eine Frage der gleichwertigen Lebensverhältnisse und der sozialen Gerechtigkeit. Denn dort, wo sich Nahversorgungs-, Bildungs- und andere öffentliche Einrichtungen auf dem Rückzug befinden, ist ein gutes Mobilitätsangebot von umso größerer Bedeutung, um auch in Zukunft attraktive Lebensbedingungen zu gewährleisten. Junge Menschen lassen sich auch nur dann an den ländlichen Raum binden, wenn sie bereits als Jugendliche merken, dass auch ihre Mobilitätsbedürfnisse ernst genommen werden. Deswegen brauchen wir eine Mobilitätsgarantie für Bayern:

Wir wollen flächendeckend attraktive, umweltfreundliche Mobilität allen Menschen ermöglichen. Wir denken auch an die Menschen, welche keinen Führerschein besitzen, sich kein eigenes Auto leisten können oder wollen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Auto fahren können. Daher ist unser Ziel eine Mobilitätsgarantie für Bayern. Langfristig sollen alle Orte im Land an allen Wochentagen von fünf Uhr morgens bis Mitternacht mindestens stündlich angebunden sein. Als ersten Schritt in diese Richtung müssen landesweit gültige Mindeststandards bezüglich der Bedienhäufigkeit definiert werden und die Landesfördermittel entsprechend dem Bedarf erhöht werden.

 

Wie erreichen wir dieses Ziel?

Wir wollen die Fahrt mit den „Öffentlichen“ so angenehm und einfach wie möglich gestalten.

 

  • Bayern-Takt auch für den Bus zur Ergänzung der Bahn

Der Schienenverkehr gewährleistet zwar bereits eine grobe Erschließung der Fläche, er konzentriert sich aber meist nur auf die Anbindung der umliegenden Ballungsräume und kann somit nur einen Teil der Verkehrszwecke der ländlichen Bevölkerung abdecken. Der SPNV ist um getaktete, regionale Mobilitätsangebote, die im Stundentakt Anschluss an die Schiene herstellen, zu ergänzen. Dafür muss den kommunalen Aufgabenträgern eine ausreichend Geld vom Land zur Verfügung gestellt werden, um einheitliche und definierte Mobilitätsstandards zu erreichen.

 

  • Flexible Angebote

Ein attraktives stündliches Angebot auch am Wochenende heißt nicht zwangsläufig, dass im Stundentakt leere Busse durch die Dörfer gondeln müssen. Angebote wie Rufbus oder Bürgerbus bieten neue Perspektiven für flexible Bedienkonzepte – überall dort, wo ein attraktiv getakteter Busverkehr im Regelbetrieb nicht umsetzbar ist. Rufbusse sind mindestens zwischen 05:30 Uhr und 23:00 Uhr anzubieten.

 

  • Neue Angebotsformen – Digitale Informationen

Digitale Systeme eröffnen neue Möglichkeiten für neue Angebotsformen. Mobiles Internet macht es sehr einfach, alle verfügbaren Mobilitätsformen im ländlichen Raum zu bündeln und intelligent miteinander zu verbinden. Wir wollen diese Möglichkeiten nutzen und Angebote schaffen, damit die Menschen ans Ziel kommen, selbst dann, wenn dies mit einer bestehenden Verbindung nicht möglich ist. Dafür sollen die digitalen Informationen (z.B. in der App ‚bayern-fahrplan.de‘) wie die Buchung von Rufbussen, die automatische Suche nach Mitfahrgelegenheiten von flinc.org sowie Car-Sharing-Angebote gebündelt werden, um Mobilitätsangebote über den öffentlichen Nahverkehr hinaus zu schaffen.

 

  • Mobilitätsdrehscheiben

Knoten- und Busbahnhöfe im ländlichen Raum sind zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität zu multimodalen „Mobilitätsdrehscheiben“ zu entwickeln. Diese verknüpfen leistungsfähige ÖPNV-Angebote auf den Hauptachsen mit örtlichen und regionalen Busverkehrssystemen, die mit Car-Sharing- Systemen (unter Berücksichtigung der E-Mobilität) sowie Radstationen mit Fahrradverleihsystemen abgerundet werden. Daneben erleichtern ausreichend P+R Parkplätze für PKW und Fahrräder den komfortablen Umstieg auf den ÖPNV.

 

  • Potentiale des Schienenverkehrs nutzen

Zur Bewältigung der Verkehrsströme aus den ländlichen Raum hin zu den Verdichtungsräumen kann die Schiene als Rückgrat des ÖPNV noch deutlich mehr leisten. Daher fordern wir eine Offensive für die Reaktivierung von Bahnstrecken und Bestellung von Regelverkehren – im verlässlichen Stundentakt. Darüber hinaus wollen wir die Fahrzeiten durch Schließung von Elektrifizierungslücken oder Infrastrukturausbauten verkürzen und das Angebot gut ausgelasteter Strecken auf einen Halbstundentakt verdichten. Zusätzlich soll die Reaktivierung von ehemaligen Bahnhöfen im Umfeld um Klein- und Mittelstätte die Attraktivität des ÖPNV steigern.

 

  • Potentiale des Radverkehrs nutzen und ausbauen

Mobilität muss vernetzt gedacht werden – landkreisweite Radwegekonzepte mit optimalen Radwegeführungen (u.a. Radschnellwege) unter Integration der E- Mobilität erhöhen bei einer guten Vernetzung mit Bus und Bahn die Mobilität im ländlichen Raum. Gesicherte Radstationen, Leihräder und E-Bike-Ladestationen an zentralen Bahnhöfen und Busbahnhöfen vernetzen die unterschiedlichen Mobilitätsarten. Dazu werden wir den derzeitigen Verteilungsschlüssel für die Mittel zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden ändern. Wir wollen künftig zwei Drittel der Mittel für Projekte des kommunalen ÖPNV und des Radverkehrs und ein Drittel für Projekte des kommunalen Straßenbaus einsetzten.

 

Einfach besser unterwegs

 

  • Flächendeckende Verkehrsverbünde

Kleinstaaterei im ÖPNV und viele weiße Flecken in der Verkehrsverbundlandschaft Bayerns müssen der Vergangenheit angehören, denn: ein Verkehrsverbund ist die beste Plattform für die Kooperation zwischen den Verkehrsunternehmen. Er koordiniert Bus und Bahn, sorgt für ein einheitliches Fahrpreissystem und abgestimmte Fahrpläne. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass zukünftig der gesamte öffentliche Personennahverkehr über Verkehrsverbünde erbracht und organisiert wird. Die Umsetzung gewährleistet ein regionales Mobilitätsmanagement.

 

  • Ein Fahrschein für alles

Aufbauend auf zukünftig flächendeckend vorhandene Verkehrsverbünde und einem einheitlichen Landestarif ist es in Zukunft möglich, mit einer einzigen Fahrkarte in Bayern von Tür zu Tür reisen. Das Bayern-Ticket soll zukünftig auch als Monats- und Jahreskarte ohne Ausschlusszeiten angeboten werden, um noch mehr Menschen zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen.

 

  • Mobilität für alle bis 18 sowie Auszubildende & Studierende

Jugendlichen unter 18 Jahren, sowie jungen Menschen bis 28, die sich noch in Ausbildung (Schule, Studium, Berufsausbildung) befinden, wollen wir den kostenfreien Zugang zum Personennahverkehr ermöglichen. Ebenso streben wir ein landesweit gültiges Semesterticket an, wie es in anderen Bundesländern bereits Realität ist. So lernen Kinder und junge Menschen früh die Vorzüge des ÖPNV schätzen, die Orientierung auf den motorisierten Individualverkehr sinkt, nach dem Motto: Wer früh Bus fährt, verzichtet später eher aufs Auto.

 

  • Fahrplan und Echtzeitdaten

Zudem sorgen wir dafür, dass alle im ÖPNV tätigen Verkehrsunternehmen ihre Fahrplan- und Echtzeitdaten zum Zwecke der Fahrgastinformation und der Anschlusssicherung in maschinenlesbarer Form bereitstellen. Diese Daten müssen in einem zentralen Portal und für alle Dienstanbieter frei und diskriminierungsfrei verfügbar sein. Ergänzt wird dies durch elektronische Abfahrtanzeigen in Echtzeit an Haltestellen auf Hauptachsen, Mobilitätsdrehscheiben und in Fahrzeugen des ÖPNV, um auch Menschen ohne Smartphones die Teilhabe an einem verbesserten ÖPNV zu ermöglichen.

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